Work in Progress – Der Wert von Arbeit

Konferenz "Work in Progress"
Konferenz „Work in Progress“ 2015, Hamburg, Foto: Nicole Willnow

Wenn Kunst, Kultur und digitale Arbeitswelten aufeinandertreffen, ist wieder WIP-Konferenz auf Kampnagel, DER Kulturwirkstätte in Hamburg. WIP gleich „Work in Progress“ zeigt seit drei Jahren die neuesten Entwicklungen für die Zukunft der Arbeit, digital wie analog und die sinnvolle Verbindung dieser Formen.

Die Kreativgesellschaft Hamburg bringt zusammen mit Kampnagel dazu wirklich immer namhafte Sprecher auf die Podien und zeigt viele interessante kleine und große Projekte mit Best-Practice-Geschichten. Dieses Jahr übernahm Hamburgs Erster Bürgermeister himself, Olaf Scholz, die Begrüßung der rund 800 Besucher. Später hörten wir Prof. Jeremy Rifkin, Prof. Gesche Joost, Thomas Sattelberger, so wie viele spannende Frauen und Männer mit ihren Projekten, und am Abend dann noch Sascha Lobo. Und alle hatten jede Menge Informationen, Gedanken und Meinungen im Gepäck dabei.

Konferenz "Work in Progress"
Im Foyer der Konferenz „Work in Progress“ 2015, Hamburg, Foto: Nicole Willnow

Die Konferenz war größer als in den letzten zwei Jahren, was dank neuer Sponsoren möglich war (u.a. Xing und dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, KDA). So gab es noch mehr gleichzeitige Slots mit den bekannten Entscheidungsproblemen, aber eben auch noch mehr Vielfalt als in den letzten Jahren. Währenddessen orakelte es im Foyer (Studentenprojekt der Uni HH) oder man konnte sich beim Schwarzmarkt-Projekt künstlerisch austoben.

Was den diesjährigen Untertitel „Der Wert von Arbeit“ betraf, wurde dieser wohl schon am Vorabend beim Panel „Werte.schaffen“ umfassend beleuchtet, als über Wertschöpfung, Wertschätzung und Verwertung künstlerischer Arbeit diskutiert wurde. Der Freitag war dann mit der Überschrift „New Work Day“ betitelt und der folgende Samstag als „Social Change Day“. So ergab sich wieder eine vielseitige Betrachtung des Themas „Zukunft der Arbeit“ aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Alle Beteiligten eint die Überzeugung, dass die Notwendigkeit von neuen Arbeitsformen in der Mitte der Gesellschaft und der Wirtschaft noch nicht (genug) angekommen ist, es aber höchste Zeit und es an jedem von uns ist, das Wissen dorthin zu tragen.

Hier zwei detaillierte Statements der #DMW Mitglieder und Konferenz-Gäste
Kathrin Kaufmann

Was ich an „Work in Progress“ besonders mochte: Vordenker alter Schule trafen auf junge Andersmacher und große Visionen auf konkrete Beispiele aus dem Arbeitsalltag. Dabei beschränkte sich der Kongress keineswegs auf gängige Diskussionen um flexible Arbeitszeiten und Mitarbeitermitbestimmung, sondern ließ Kaliber wie Jeremy Rifkin unsere gesamte Ökonomie infrage stellen und Thomas Sattelberger die Feststellung machen, dass wir uns davon verabschieden müssten, dass große Unternehmen nicht sterben dürften. Sattelberger sprach von einem „Wettbewerb der Organisationsstrukturen“ und der Kongress zeigte Spielformen davon und ließ einige Gründer mit neuen Vorstellungen von Führung, Organisation und Unternehmenskultur zu Wort kommen.

Konferenz "Work in Progress"
Panel zum Thema Auswirkungen der Digitalisierung auf Verlage, Foto: Kathrin Kaufmann

Schlussendlich wurde auch der Bogen zum „Wert von Arbeit“ gespannt, indem beispielsweise neue Geschäftsmodelle in der Musik- und Verlagsbranche diskutiert wurden. Gesche Joost hielt zudem ein Plädoyer für die Maker-Kultur und Open-Source-Bewegung, forderte aber gleichzeitig eine modularere und zeitgemäßere Sicherung für prekär Beschäftigte, die ihrer Meinung nach oft jene sind, die neue Ideen vorantreiben. Alles in allem wurde die Zukunft der Arbeit an diesem Tag in jeder erdenklichen Form und in höchst angenehmer Atmosphäre diskutiert und ich nehme viele Anregungen und neue Gedanken mit nach Hause.

 

und Christiane Brandes-Visbeck:

In den letzten Monaten habe ich mich viel mit all dem beschäftigt, was mit „Digitaler Transformation“, „Digital Leadership“, „New Work“ und „Zukunft der Arbeit“ umschrieben werden kann. Dass wir in disruptiven Zeiten leben, ist hinlänglich bekannt. Dass wir die Uhr nicht zurück drehen können, ist eine Binsenweisheit. Doch erst durch die Keynote von Jeremy Rifkin ist mir bewusst geworden, wie radikal das Neue sein wird!

Als allgemeine Faktoren für wirtschaftliche Systemveränderungen nannte der Marktexperte und Zukunftsforscher erstens neue Kommunikationswege, zweitens neue Formen der Energie und drittens neue Möglichkeiten, Transport und Logistik zu organisieren. Und da durch die fortschreitende Digitalisierung unserer Welt in allen Bereichen massive Veränderungen möglich sind, befinden wir uns in einer Art Dritten Revolution, die durch das „Internet of Things“ greifbar wird. Makerhubs, Hackerspaces und 3D-Drucker sind Symptome dieser Veränderungen ebenso wie alternative Energien und die Shareconomy. In dieser neuen Welt, in der Grenzkosten in Richtung null laufen werden, sind starre Unternehmenshierarchien, Lohn- und Gehaltsarbeit und geregelte Arbeitszeiten irgendwann Auslaufmodelle.

Aus der Rifkin’schen Vogelperspektive betrachtet, bekommen die Mahnungen von Thomas Sattelberger, dass Führungskräfte in Unternehmen JETZT umdenken müssen, und die Ideen einer Maker-Universität, wie Gesche Joost sie erlebbar macht, ein ganz anderes Gewicht. Durch Rifkins Gedankenmodell haben die vielfältigen, fast wuseligen Aktivitäten zum Thema „Work in Progress“ für mich eine überzeugende Überschrift gefunden.

Jeremy Rifkin und die Neugestaltung von Arbeit werden mich noch eine ganze Weile beschäftigen. Vielen Dank an alle, die diese #wiphh möglich gemacht haben.

 

Digital Media Women auf der WIPHH
#DMW auf der #wiphh: Kaja Otto, Christiane Brandes-Visbeck, Kathrin Kaufmann, Stefan Munko, Nicole Willnow.

Wer es dieses Jahr verpasst hat oder vielleicht bisher noch gar nicht wahrgenommen hatte, dem sei ein Besuch der „Work in Progress“ Konferenz 2016 sehr ans Herz gelegt. Es gibt immer Überraschendes zu sehen und zu hören. Und es ist immer Zeit und Platz für gemütliches Netzwerken. Nachzulesen übrigens auch bei Twitter und Facebook unter dem Hashtag #wiphh.

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